Seit jeher war es mein Wunsch mit eigenem Pferd in die Ecurie zu fahren. Jahrelang bin ich nach Belgien geflogen um Eddy´s Lehrpferde zu reiten, um zu Lernen und meine Reitkenntnisse zu verbessern. Dank der Entschlossenheit einer Freundin packten wir einfach unsere zwei Pferde ein und beschlossen relativ kurzfristig, mit einem Lipizzaner und einem Moritzburger im Hänger, uns auf die Reise nach Belgien zu machen. Nach 1.000 Kilometer und 11,5 Stunden Reisezeit sind wir zu viert gut angekommen.
Thimister-Clermont, eine kleine Ortschaft im wallonischen Belgien, nahe der deutschen Stadt Aachen. Eine wunderschöne, leicht hügelige Landschaft mit unvorstellbar grünen Weiden, selbst im Herbst.
Die Ecurie de la Berwinne (von Monsieur Detry) betreibt Eddy Willams seit vielen Jahren und bildet dort Pferde bis hin zur hohen Schule aus. Mein 14tägiger Aufenthalt bietet die Möglichkeit ein paar Impressionen von den Örtlichkeiten der Ecurie, der Umgebung von Belgien (Brugge, Oostende) und netten Bekanntschaften zu zeigen.
Das kleine gemietete Ferienappartement liegt in unmittelbarer Nähe. Ein gepflegtes Landhaus umringt von einem Garten der wahrscheinlich aus *Alice in Wonderland* entsprungen ist. Die Fenster sind mit riesigen Blumen geschmückt und die Sträucher haben die seltsamsten kugelige Formen. Ein wunderschöner Ardenner Kaltblüter wohnt auf Nachbar´s Weide, sein Anblick ist einfach gewaltig.
In der Ecurie kommen täglich Schüler, Trainer und Freunde in die kleine, sehr heimelige Reithalle. Es wird getrascht, zugesehen, diskutiert oder auch Geschichten ausgetauscht. Man hat das Gefühl, als wäre man Teil einer Familie. Ein *Bonjour* und ein Küsschen zur Begrüssung, schon betritt man die Galerie der Reithalle um wirklich gute Reiter sehen zu können. Wer sich Glanz und Noblesse erwartet wird bitter enttäuscht werden, die Ecurie ist praktisch eingerichtet, im Stil der portugiesischen Stallungen, ohne jegliches Schick-Schnack. Jeden Tag verbringt man Stunde um Stunde in der Ecurie, um selber zu reiten und/oder bei anderen zuzusehen. Das Flair ist schwer zu beschreiben, eigentlich ist es ein Ort, den sich jeder Reiter gerne wünscht, ein Kommen und Gehen von Zuschauern, Reitern ohne jegliche Missgunst. Erfahrungen werden augetauscht und jeder kann sich Hilfe erwarten. Ein Ort voll Gemütlichkeit und Unkompliziertheit. Schon zeitig in der Früh werden die ersten Pferde gearbeitet. Ruhig, mit Elastizität und Kadenz laufen sie durch die Halle. Einfach gutes Reiten, ruhige Hände, kauende sprechende Mäuler, schwingende Rücken, zufriedene Pferde. Ich stelle mir immer vor, das es in Nuno Oliveiras Halle in Portugal so ähnlich gewesen sein musste.
Das leibliche Wohl ist sehr wichtig und natürlich wird traditionell gegessen. Miesmuschel mit belgischen Fritten und warmer Camembert vom Grill, der mit Weissbrot ausgelöffelt wird. Dazu ein Rot- oder Weißwein und eine gemütliche Runde mit Pferdeleuten, gesprochen wird Französisch, Deutsch, Englisch und manchmal auch mit Händen und Füssen.
Es ist eine Berreicherung für mich jeden Tag gut aufgebaute Reiteinheiten zu erhalten. Natürlich muss man auch fähig sein Kritik und Korrektur bis ins kleinste Detail ertragen zu können. Jeder Tag ist eine neue Herausforderung, hat man die gestrige Korrektur behalten? Trotz Unsicherheiten ist eine deutliche Verbesserung merkbar. Das Geraderichten erweist sich als äußerst schwierig. Eddy ist sehr streng in der Korrektur, keine der Schultern darf ausfallen, die Hinterhand muss unter den Schwerpunkt steigen. Ein gerade gerichtetes Pferd ist Priorität 1. Für meinen Lipizzaner erweist sich das als Lösungsansatz. Er läuft vollkommen entspannt und rythmisch. Das vormal sehr schwierige Pferd wird nun langsam ruhiger und durch das systematische Geraderichten kann er sich entspannen und endlich die Losgelassenheit erreichen, um auch schwierige Lektionen ausführen zu können.
Das Gute am täglichen Unterricht ist die unentwegte Korrektur, es kann sich kein Fehler einschleichen und somit verfestigen sich korrekte Abläufe. Eine wunderbare Zeit um zu Lernen und Zeit mit Pferden und Freunden zu verbringen.